Rittbericht Schönbrunn-Rennsteig-Distanz 2022

Abseits von Rennbahn und Parcour

Von Ralf Brückner

In Frauenwald treffen sich die Distanzreiter wieder zum Schönbrunn-Rennsteig-Wettkampf. Und wieder wird dabei der besondere Reiz dieses speziellen Pferdesports deutlich.

Frauenwald – Naturgemäß dauert es gar nicht lange, ehe der Begriff von den „Last Cowboys“ fällt. Das seien die Mehrtagesreiter, denen es nicht um das Gewinnen geht, sondern darum, in freier Natur – von „Wildbahn“ kann man heute ja kaum noch sprechen – möglichst viele Kilometer auf dem Rücken ihrer Pferde zurückzulegen. Die 2000 Kilometer seien da eine magische Zahl. Nichtsdestotrotz ist Distanzreiten eine höchst anspruchsvolle Sportart, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Das weiß niemand besser als Anke Stein. Die Zahnärztin aus Gräfenroda ist im Jahre 2019 Dritte der Seniorinnen bei der Deutschen Meisterschaft im Eintagesritt geworden, bei der sie 160 Kilometer in elf Stunden zurückgelegt hat – da wird also Tier und Mensch richtig Leistung abverlangt. Aber fast ebenso anspruchsvoll ist es, in Thüringen einen solchen Distanzreiter-Wettkampf wie jenen vor Wochenfrist in Frauenwald überhaupt zu organisieren. Der hiesige Freistaat liegt nämlich, was das  Genehmigungsprozedere angeht, in einer imaginären Bundesländer-Rangliste der Distanzreiter ziemlich weit hinten. „Zusammen etwa mit Schleswig-Holstein, wo es sehr vielen privaten Landbesitz gibt, da fällt es naturgemäß schwer, über Wettkampfstrecken zu verhandeln“, berichtet Sibylle Knorr aus Volkach in Unterfranken, die bei diesen Wettkampf als Tierärztin fungiert, aber auch selbst seit fast 40 Jahren diesen Sport betreibt. „Uns am freundlichsten gesonnen ist man etwa in Hessen oder auch in Bayern, wo die Wälder frei zu bereiten sind.“

Tracks und Triathleten

Zum vierten Mal sind die Distanzreiter in Frauenwald zu Gast und legen hier ihre Strecken zwischen Rennsteig und der Talsperre Schönbrunn zurück. „Ich reite relativ oft hier oben und hatte dann seinerzeit mal beim Rosenberger Pferdehof wegen eines Wettkampfs nachgefragt. Man hat uns auch diesmal wieder eine Wiese für die Standplätze und das Equipment zur Verfügung
gestellt“, berichtet Anke Stein, die vom Dressurreiten kommt, ehe bei einem Wettkampf bei Brunnhartshausen in der Rhön (Wartburgkreis) ihre Begeisterung für das Distanzreiten geweckt wurde.

Diesmal sind 27 Reiter mit 17 Pferden aus Thüringen, Sachsen, Hessen
und Unterfranken zur Schönbrunn-Rennsteig-Distanz gekommen. Der
Mehrtagesritt geht über zwei Tage und 75 bzw. 60 Kilometer, der kurze
Distanzritt über 41 Kilometer, ein Einführungsritt über 32 Kilometer. Fünf verschiedene Streckenvarianten sind dabei zu bewältigen. Wobei die Kunst beim Distanzreiten nach Zeit darin besteht, schnell zu sein, aber das Tier dabei nicht zu überfordern. Denn in regelmäßigen Abständen ist eine tierärztliche Untersuchung fällig, die hier in Frauenwald von Sibylle Knorr vorgenommen wird. Das reicht vom prüfenden Blick auf die Gangart des Pferdes – es muss dazu vom Reiter extra vorgeführt werden – bis zum Einsatz des Stethoskops, um den Puls zu kontrollieren. Immerhin insgesamt 15 Kontroll-Parameter schreibt die CheckKarte dafür vor. Es sind auch feste Pausen vorgeschrieben, ehe Pferd und Reiter(in) auf die nächste Runde dürfen. „Wobei wir Tierärzte auch zugleich die Richter sind, anders als im Turniersport. Wir allein entscheiden, ob ein Pferd weiter geht oder rausgenommen werden muss.“

Hier beim Schönbrunn-Rennsteig-Distanz waren die Ritte auch in diesem Jahr wieder mit einem Triathlon-Wettkampf für Dreierteams verknüpft: Der 41-km-Ritt als erste Disziplin, dann das ganze nochmals per MTB und schließlich eine 14-km-Laufstrecke. Am schnellsten war hier das Trio mit Anke Stein als Reiterin sowie Philipp Hofmann als Mountainbiker und Andreas Kraus als Läufer. Auch ein Kinderteam war unterwegs – mit einer elfjährigen Reiterin, einem zwölfjährigen MTB-Piloten und einer 15-jährigen Läuferin!
Den kurzen Distanzritt gewann Kristin Zänker, die als Tierärztin in Bad Langensalza arbeitet, auf Nabir Shadi, vor Anke Stein auf Sharif Al Shama. Die Namen lassen es vermuten: Beide Pferde sind Vollblut-Araber, eine beliebte Rasse für diesen Sport. Der Mehrtagesritt ging an die Dermbacher Tierärztin Madlen Kümpel auf IHR Dusty Moon, einer Appaloosa-Stute.

Nichts Elitäres

Rund 25 Distanzreiter gebe es in Thüringen, erzählt Wenke Löwel, die Regionalbeauftragte des Vereins Deutscher Distanzreiter (VDD), und
auch einen zweiten Wettkampf, am 20. August in Wenigenauma (Kreis Greiz). Im Übrigen versucht sie, Pferdesport-Freunden die Scheu vor dieser Disziplin zu nehmen: „Alle Pferde mit solider Grundausbildung können Distanzritte bis zu 40 Kilometern machen, wenn sie normal geritten werden. Für Einsteiger gibt es Einführungsritte über 25 Kilometer, mit Tempolimit. Und es muss auch kein Pferd einer speziellen Rasse sein – Distanzritte können alle Rassen absolvieren.“ Nun, vielleicht wird so ja auch das Teilnehmerfeld der nächsten Schönbrunn-Rennsteig-Distanz noch etwas größer.

Zum Programm der Schönbrunn-Rennsteig-Distanz gehören auch Kinderritte über fünf Kilometer. Insgesamt vier Teilnehmer gibt es dabei.

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